Orchester und Zentrum kooperieren
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ORCHESTER UND ZENTRUM KOOPERIEREN

Philipp Müller, Solinger Tageblatt / Solinger Morgenpost / Remscheider Generalanzeiger vom 12.10.2019

Im Radio hatte Reiner Daams, Mitglied des Chors der Bergischen Symphoniker, das Requiem von Erich Zeisl gehört und war gefesselt. Der Vorsitzende des Chorvereins besprach mit Chorleiterin Stephanie Schlüter, ob man das Stück nicht aufführen könne. Schlüter war sofort angetan. So entstand die Idee, die Vertonung des Psalms 92 zur Basis der jährlichen Kirchen-Konzerte der Bergischen Symphoniker zu machen. Schlüter wird die Konzerte in Remscheid und Solingen leiten.

Doch die Geschichte der Entstehung der Konzerte ging weiter. Zeisl ist ein von den Nazis verfemter, verbotener und verfolgter Komponist. Natürlich steht er damit nicht alleine. Weitere Stücke drängten sich auf. Und so erzählen die Aufführungen viel von der Musik und der Vertreibung der Komponisten. Aber alles sei auch von „traumhaft schöner Musik“ getragen, erklärt Daams. Schlüter betont, dass die Musik zugleich „großartig und einmalig“ sei.

Generalmusikdirektor war von Idee begeistert

Auch Generalmusikdirektor Daniel Huppert sei sofort begeistert gewesen. „Bei ihm haben wir offene Türen eingerannt“, erzählt Stephanie Schlüter. Huppert erklärt: „Sich auch die politischen Umstände und Lebensgeschichten der Komponisten ins Bewusstsein zu rufen, erscheint mir in der Gegenwart wichtig, wo Ausgrenzung und Hass auf Andersartigkeit gesellschaftsfähiger zu werden scheinen.“

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Damit kommt als Kooperationspartner auch das Zentrum für verfolgte Künste ins Spiel. Dessen neuer Direktor Jürgen Kaumkötter erklärt, viele Biografien der Komponisten würden sich mit denen der Künstlern kreuzen, die das Zentrum ausstelle, im Depot habe. Das ergänze sich hervorragend. Daher findet an Allerheiligen eine besondere Veranstaltung im Meistermannsaal des Kunstmuseums statt.

Orchester, Chor und Experte stellen die verfemten Komponisten vor

Der Leiter des Zentrums für verfemte Musik an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, Volker Ahmels, wird die Komponisten vorstellen. Dazu singt der Chor, Mitglieder der Bergischen Symphoniker werden ihn begleiten. Für dieses tolle Projekt stelle man die Musiker gerne kostenlos zur Verfügung, sagt der Geschäftsführer des Orchester, Stefan Schreiner. Denn Kontakt zu dem Musikwissenschaftler stellte Daniel Huppert her. Chor, Symphoniker und Zentrum bilden erstmals eine kreative Gruppe, die gemeinsam ein solches Musikprojekt auf den Weg bringt.

Dies kommt natürlich nicht ohne Solisten aus. Und so sind Adréana Kraschewski, Sopran, Lucie Ceralová, Alt, und der Bariton Marek Reichert zu erleben. Die Solisten unterstützen, ergänzen und unterstreichen den Gesang des Chors und die Musik der Bergischen Symphoniker. Die Kantorin der Kirchengemeinde Dorp und Kreiskantorin des Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Stephanie Schlüter, wird die Gesamtleitung der beiden Konzerte haben.

Programm mit Werken von Mendelssohn Bartholdy, Korngold oder Zeisl

Die Notwendigkeit, ein solches Konzert verfemter Musik zu veranstalten, betonen die Kooperationspartner auch mit einem Zitat der Musikwissenschaftlerin Sarah Nathan-Davis: „Der vom Holocaust verursachte Verlust für die Musik ist eine Katastrophe, deren Ausmaß für immer unbekannt bleiben wird.“

Zu hören sein wird in den beiden Kirchen folgendes Programm: Von Felix Mendelssohn Bartholdy wird die Vertonung des Psalms 42 „Wie der Hirsch schreit“ zu hören sein. Aufgeführt wird außerdem die Musik von Paul Ben-Haim zu Psalm 121. Erich Wolfgang Korngold komponierte ein Werk zum Passover Psalm. Von Paul Ben-Haim wird eine Serenade aufgeführt. Und zum Abschluss erklingt dann Erich Zeisls Tonwelt zum Psalm 92.