KIRCHENKONZERT BIETET 90 MINUTEN HÖRGENUSS
Jutta Schreiber-Lenz, Solinger Tageblatt vom 04.11.2019
Kirchenkonzert bietet 90 Minuten Hörgenuss
Die Bergischen Symphoniker und der Chor des Orchesters überzeugten auf ganzer Linie.
Verfemte Musik stand bei Chor und Orchester der Symphoniker im Mittelpunkt.
Kaum war der letzte Klang von Erich Zeisls Vertonung des Psalms 92 verklungen, brauste der Applaus des Publikums durch die nahezu voll besetzte Kirche St. Joseph in Ohligs. Das Werk bildete das Finale eines knapp 90-minütigen Hörgenusses, den die Bergischen Symphoniker mit ihrem Chor unter der Leitung von Kantorin Stephanie Schlüter in dem Gotteshaus am Samstagabend zelebrierten.
Im Wechsel mit dem Chor überzeugte Bariton Marek Reichert mit seinem nachdrücklichen gesungenen Gotteslob. Seine Kolleginnen Adréana Kraschewski (Sopranistin) und Altistin Lucie Ceralová ergänzten ihn mit ihren warmen Stimmen zu einer beeindruckenden Klangpracht.
Ausdrücklich hatte Schlüter zu Beginn darum gebeten, das Konzert ohne Beifall-Pausen zwischen den Stücken durchspielen zu können – und umso ungeduldiger schienen die Musik-Freunde darauf gewartet zu haben, ihrer Begeisterung über das Gehörte Raum geben zu können: Stehend applaudierten sie einem rundum berührenden Konzert mit stimmschönen und ausdrucksstarken Solisten, einem eindringlich singenden Chor und einem toll aufspielenden Orchester.
„Psalmen“ war das Kirchenkonzert der Bergischen Symphoniker überschrieben und widmete sich damit Schnittstellen von mosaischem und christlichem Glauben. Schließlich sind die Psalme als „poetische Lobgesänge“ Teil des Alten Testamentes und damit der Grundlage des Christentums.
Mit Paul Ben-Haim, Erich Wolfgang Korngold und Erich Zeisl stellten die Musizierenden ihren Zuhörern bewusst in Nazi-Deutschland „verfemte“, weil jüdische Komponisten vor, die alle emigrieren mussten, um ihr Leben zu retten.
Felix Mendelsohn Bartholdy als Kind der Romantik war gleichfalls im sogenannten „Dritten Reich“ verboten und musste bereits zu Lebzeiten mit Diskriminierungen umgehen, die ihn künstlerisch ausschließlich wegen seiner jüdischen Wurzeln herabzusetzen versuchten. Sein zu Klängen gewordener Psalm 42 war der voluminöse und jubilierende Auftakt der Aufführung in der dezent beleuchteten Kirche, durch deren hohe Scheiben die frühe Dunkelheit ihre passende Atmosphäre zu dem Ganzen beisteuerte.
Sperrig wirkende Melodik erforderte mitdenkendes Publikum
Mit strahlendem Sopran sang Adréana Kraschewski die Hoffnung auf ein tröstendes Jenseits ebenso ins Kirchengewölbe hinauf wie quälende Zweifel und Furcht („Wo ist nun dein Gott?“). Überzeugend betteten die Chorstimmen diese gesungene Seelennot in ein volltönendes „Harre auf Gott“.
Dass Korngold nicht nur für amerikanische Filmmusik steht, bewies sein Passover- Psalm op 30, den er im dortigen Exil zum jüdischen Pessach-Fest komponierte. Frisch und zum Teil überraschend farbig kam er daher und zeigte, dass Festlichkeit und Lobpreis durchaus auch heitere Aspekte haben darf.
Paul Ben-Haim, der sich schon als Paul Frankenberger in München einen Namen gemacht hatte, bevor er 1933 nach Israel emigriere und dort konsequent in der für ihn zunächst fremden Sprache wirkte, war mit zwei Stücken vertreten: Sein Psalm 121 ließ in seiner knappen Prägnanz aufhorchen und gab dem Chor Gelegenheit, seine A-Capella-Qualität unter Beweis zu stellen. Die anschließend gespielte Instrumental-Serenade entpuppte sich als wenig gefällig aber umso faszinierenderer. Mit zum Teil bewusst sperrig wirkender Melodik war sie keine leichte Kost, sondern ließ aufhorchen und mitdenken.