PUBLIKUM DANKT MIT TOSENDEM BEIFALL
Jutta Schreiber-Lenz, Solinger Tageblatt vom 23.04.2015
Nach dem letzten Ton war erst einmal Stille. Zwei, drei Sekunden lang bevor der Beifall aufbrandete, sich dann zunehmend steigerte, als ob die Zuhörer erst allmählich wieder zurückfänden in die Wirklichkeit des Konzertsaales. Der Applaus und schraubte sich bis zum Donnern nach oben: Stehend würdigte das Publikum das, was anderthalb Stunden lang von der Bühne herunter zu ihm gespielt wurde. Ein Klangerlebnis der Extraklasse, das mitnahm in buchstäblich überirdische Sphären.
Verdis Requiem, sein Spätwerk, das er als über 60-Jähriger schrieb, geht mit seiner facettenreichen musikalischen Dramaturgie unter die Haut. Der schon zu Lebzeiten gefeierte Opern-Komponist legt hier trotz seiner agnostischen Grundhaltung ein geistliches Werk der Superlative vor.
Die majestätischen Ausmaße des rund 150 Köpfe zählenden Chores, zusammengesetzt aus den Sängern und Sängerinnen des Chores der Bergischen Symphoniker und dem Landesjugendchor NRW teilten sich mit den gut 60 Mitgliedern der Bergischen Symphonikern und den vier Solisten die Bühne – auch optisch also beeindruckend.
Generalmusikdirektor Peter Kuhn führte am Dirigentenpult meisterhaft alle drei Elemente zusammen und half allen Protagonisten, ihren Part in dem faszinierenden Wechselspiel der einzelnen Klangfarben souverän auszufüllen. Ein stimmgewaltiger ausdrucksstarker Chor, einstudiert von Ulrich Eick-Kerssenbrock beziehungsweise Christiane Zywietz-Godland und Herrmann Godland, das sensibel und zugleich äußerst virtuos aufspielende Orchester und vier volltönende anrührende Solo-Stimmen ließen die sieben Teile der Totenmesse zu einem Klangeindruck werden, der die Seele vibrieren ließ. Schrecklichste Höllenqualen im „Dies Irae“, wie man sie musikalisch kaum plastischer schildern kann, standen zarten Beschreibungen des erhofften Erlösungsglücks gegenüber, wie im „Agnus Dei“.
Rose erinnerte an die verstorbene Kollegin
Rosella Ragatzu (Sopran), Bettina Ranch, (Mezzosopran), Hector Sandoval (Tenor) und Yoo-Chang Nah (Bass) überzeugten mit ihrer großen Bandbreite der Stimmführung vom nahezu andächtigen Flüsterton bis zum fulminanten Fortissimo.
Für die Bergischen Symphoniker hatte das Requiem an diesem Abend noch eine spürbar persönliche Bedeutung, die sich gleichsam in die Zuschauerreihen übertrug: Vor noch nicht drei Wochen ist ihre Kollegin, Natalia Sergeera, nach der Geburt ihres Kindes verstorben. Auf ihrem leeren Stuhl in der zweiten Reihe der ersten Violinen lag eine Rose.