PUBLIKUM ERLEBT KUHN ALS MUSIKER
Daniel Diekhans, Remscheider Generalanzeiger vom 14.04.2016
Neues probiert Peter Kuhn, Chef der Bergischen Symphoniker, immer wieder gern aus. Bei der Aufführung von Haydns „Jahreszeiten“ erlebten ihn 430 Zuhörer zum ersten Mal als Dirigent und Musiker in einer Person. Statt vorm Pult stand er hier vor einem Cembalo. Wie gewohnt schwang er den Taktstock, um seine Musiker auf Linie zu bringen.
Wenn das Orchester schwieg, setzte er sich ans Cembalo, um Solistin Annika Boos und ihre beiden Kollegen zu begleiten. Souverän füllte Kuhn die neue Rolle mit elegantem und einfühlsamem Spiel aus. Wie die Solisten fühlten sich auch die 80 Chorsänger unter seiner Leitung hörbar wohl. Von Ulrich Eick-Kerssenbrock gut auf die „Jahreszeiten“ vorbereitet, artikulierte der Chor textgenau und mit großer Stimmkraft. Ein schöner Auftakt war „Komm holder Lenz“ mit dem Wechselspiel von Frauen- und Männerstimmen. Ein Vorgeschmack auf die Fugen, die glänzend gelangen. „Ach, das Ungewitter naht!“ drängte der Chor voran und steigerten die Spannung bis zum Äußersten. Unterhaltsam war „Der Wein ist da“, bei dem das Ensemble das Stimmenwirrwarr der Betrunkenen gekonnt umsetzte.
Auch das Orchester fand für jede Jahreszeit den richtigen Ton. Die schneidend spitzen Streicher der Einleitung klangen nach klirrendem Winterfrost. Sommerhitze wurde mit extrem gedehnten Akkorden evoziert. Umso lebhafter wirkte der Jagdchor, der durch Ina Bijlsma und Lubomir Fabik am Waldhorn den entscheidenden Energieschub bekam.
Als Gesangssolistin ragte Annika Boos heraus. Mit einem Sopran, der farbig, voluminös und sicher in den Höhen war. Vom Schauspieltalent gar nicht zu reden. Wenn sie die „Schönen aus der Stadt“ aufs Land einlud, war die Ironie zu hören und zu sehen.
Auf hohem Niveau sang auch ihr Duettpartner Uwe Stickert. Bei der Winter-Arie „Hier steht der Wand’rer nun“ konnte sich sein lyrischer Tenor voll entfalten. Bassist Torben Jürgens wirkte anfangs außer Atem und kam erst allmählich mit seiner Partie zurecht. Das enthusiastische Publikum störte das nicht.
„Wunderschön“ fanden Ulrike und Oliver Wroblewski diesen Abend. Vivaldis „Jahreszeiten“ würden sie auch gern mal im Teo Otto Theater hören. „Das war Musik, in der ich ganz aufgehen kann“, sagte Gabriele Pass. Sie lobte die letzten „abwechslungsreichen Programme“.