WAS WÄREN OPERN OHNE GROßE CHÖRE?
Daniel Diekhans, RGA Online
Remscheid. In Topform präsentierte sich der Chor der Bergischen Symphoniker beim Kirchenkonzert am Sonntagabend. Begleitet von den Bergischen Symphonikern, zeigten 45 Sängerinnen und Sänger in der Lutherkirche immer neue Facetten ihres Könnens. So vergingen eineinhalb Stunden wie im Flug, am Ende hielt es die 250 Gäste nicht mehr auf ihren Plätzen. Mit Jubel, Bravo-Rufen und Applaus bedankten sie sich bei Chor, Orchester und den Gesangssolisten Christiane Linke (Sopran) und Stefan Lex (Tenor).
Ob „Nabucco“ oder „Zauberflöte“: Was wären Opern ohne ihre großen Chorpartien? Davon ist auch Chorleiter Witolf Werner überzeugt und brachte im Kirchenkonzert einige der populärsten Chorwerke der Opernliteratur auf die Bühne. Im Gefangenenchor aus Verdis „Nabucco“ besangen alle Stimmgruppen ausdrucksstark den Traum von Freiheit und kamen in strahlendem Tutti zusammen. Um Befreiung geht esauch in Beethovens „Fidelio“. Bei „O welche Lust!“ hielt der Männerchor die Balance zwischen feierlichen und düsteren Tönen. Der Wechselgesang war für sich schon ein Drama. „Sprecht leise! Haltet euch zurück!“, warnte eine Solostimme, und sofort senkten alle ihre Stimmen. Umso kräftiger feierten Tenöre und Bässe schließlich die Lust, wieder in freier Luft zu atmen.
Danach schlug Witolf Werner den Bogen zu „heiliger Musik“, die selbstverständlich zur Aufführung in einem Kirchenraum passe. Nuanciert gestalteten Choristen und Symphoniker ein Stück aus Wagners „Parsifal“,dem „Bühnenweihfestspiel“ voller religiöser Elemente. „Zum letzten Liebesmahle“ begann mit Glockenschlägen, deren Rhythmus vom Orchester aufgenommen und gesteigert wurde. Effektvoll waren auch die Choreinsätze: Nach den Männern versenkten sich die Frauen in die andächtige Melodie, und gemeinsam widmete man sich den A-cappella-Partien.
Volle Aufmerksamkeit für die beiden Solisten
Von geistlicher wie weltlicher Liebe sangen die Solisten. Christiane Linke hatte die volle Aufmerksamkeit des Publikums, als sie mit klarem, höhensicherem Organ Verdis „Vergine degli Angeli“ (Himmelskönigin) besang. In einem Liebeslied für Puccinis Tosca erklomm Stefan Lex mühelos die höchsten Lagen. Sopranistin und Tenor fanden in einem Duett aus „La Bohème“ zusammen. „Jede Harmonie ist ein Ereignis“, beschrieb Witolf Werner die Musik von „O soave fanciulla“. Dieses Versprechen lösten Lex und seine Bühnenpartnerin stimmgewaltig ein.
Mit einer Szene aus Wagners „Lohengrin“ beeindruckten alle Beteiligten. Energische Bläser kündigten die Hochzeit von Lohengrin und Elsa an. Es folgte der beliebte Hochzeitsmarsch „Treulich geführt“. Was als Orgelmelodie eher bescheiden daherkommt, gewann hörbar durch den engen Austausch zwischen Chor und Orchester. An das Brautlied schlossen sich die Liebeserklärungen der Solisten an – ein inniges Gespräch, das frenetischen Beifall erntete. Sogar die kleine Orgel, die unter den Orchesterinstrumenten hervorstach, trat solistisch hervor: Sie eröffnete Pietro Mascagnis „Regina Coeli“, das die Stimmung eines Gottesdiensts an Ostern einfängt. In den dichten Gesang fügten sich die Soli von Linke und Lex überzeugend ein.
Am Ende dankte Witolf Werner den „vielen Leuten hinter den Kulissen“, die sich unter anderem um Licht- und Tontechnik gekümmert hatten: „Je größer die Gemeinschaft ist, desto mehr Spaß macht es auch.“
Das letzte Wort hatte allerdings der Chor. Da der Applaus kein Ende nehmen wollte, brachten die Sänger als Zugabe den Schlusschor der „Zauberflöte“ – eine wirbelnd schnelle Nummer, deren Pracht sich schon in den ersten Takten entfaltete.
Klassisch kann man den Chor auch 2024 erleben: Im Mai führt er mit den Bergischen Symphonikern im Teo Otto Theater Beethovens Neunte auf.